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Businessman connecting tech devices computer phone and tablet

Schreinermeister Matthias Brack aus Altusried im Oberallgäu setzt voll auf digitale Tools und künstliche Intelligenz„Keine Ausreden, einfach machen“

Der Einsatz von digitalen Werkzeugen und künstlicher Intelligenz schreitet weiter voran. Auch im Handwerk kommen sie immer mehr zum Tragen. Mit dem AI-Act hat die Europäische Union im vergangenen Jahr diesen Markt reguliert. Unter anderem gab es ein Verbot von KI-Systemen mit unannehmbaren Risiken und die Einführung von verpflichtenden Mitarbeiterschulungen, die seit Februar greifen. Die Vorschriften betreffen alle Unternehmen, die KI entwickeln oder einsetzen. Schreinermeister Matthias Brack von der Brack Wintergarten GmbH & Co. KG aus Altusried begrüßt die Mitarbeiterschulungen. In seinem Unternehmen kommt KI verstärkt zum Einsatz. Er rät Handwerksbetrieben, sich mehr mit künstlicher Intelligenz zu befassen.

Herr Brack, welche digitalen Tools, welche Formen von KI kommen in Ihrem Unternehmen zum Einsatz?
Wir haben eine eigene KI entwickelt, eine KI-Kunden-Ampel. Darüber hat sogar schon das Google-Magazin berichtet. Sie wird regelmäßig eingesetzt und berechnet die Wahrscheinlichkeit für einen Auftrag durch den Kunden. Darüber hinaus haben wir ganz viele andere Tools im Einsatz, viele Assistenzsysteme. Darunter sind Co-Pilot, ChatGPT, Perplexity, Elevenlabs für Sprachgenerierung, Plot-AI für Transkription und ein Pro-Teams-Account in der Kaufvariante. Auch für die Erstellung von Arbeitszeugnissen, Social-Media-Posts oder die Analyse von Verträgen nutzen wir KI. Ich allein verwende diese Tools bestimmt 50 Mal täglich, zum Beispiel für die Erstellung von Präsentationen oder Angeboten.

Wie viel Zeit sparen Sie damit?
Das hängt natürlich von den Aufgaben ab, aber ich würde sagen ungefähr die Hälfte. Bei der Kundeneinschätzung haben wir zudem die Trefferquote verdoppelt. Und ich habe auf jeden Fall deutlich mehr Zeit für wesentliche Dinge, muss weniger stupide Bullshit-Jobs machen. Co-Pilot fasst beispielsweise meine Mails
zusammen und gibt mir gute Antwortvorschläge. Auch die Dokumentation von Reisekosten oder das Stellen von Förderanträgen geht viel schneller, übersichtlicher und leichter von der Hand. Nur bei behördlichen Dokumentationspflichten wird es schwierig. Bei den Abfragen des Statistischen Bundesamts muss man alles von Hand in eine Tabelle in Papierform eintragen.

privat




Matthias Brack, Brack Wintergarten: "Ich habe mehr Zeit für wesentliche Dinge, muss weniger Bullshit-Jobs machen."

Wie beurteilen Sie die Regelungen durch den AI-Act der EU?
Grundsätzlich halte ich die Regelungen für gut. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das bei den meisten Firmen angekommen ist. Wichtig ist auf jeden Fall, dass man hausintern seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sensibilisiert. Ich halte ja oft Vorträge, unter anderem für Banken. Wenn ich dort die Frage stelle, wie viele Leute KI privat nutzen, hebt die Hälfte die Hand. Und wenn die Frage auf die Firma kommt, bleiben meist alle Hände unten. Ich sehe da eine große Gefahr. Es kann schnell zur Vermischung von privatem und geschäftlichem Bereich kommen, weil die Menschen für dienstliche Aufgaben ihre privaten Smartphones oder Tablets nutzen. Firmendaten geraten dann in größte Gefahr.

Was raten Sie in diesem Fall?
Mein Tipp ist: Gebt Richtlinien raus und stellt nützliche KI-Anwendungen zur Verfügung. Auch Mitarbeiter Schulungen, wie sie ja jetzt durch den AI-Act vorgeschrieben wurden, halte ich für absolut sinnvoll. Das ist auch relativ einfach zu machen. Cyber Security und ein verantwortungsvoller Umgang mit Daten sind sehr wichtig. Und die menschliche Bequemlichkeit ist gefährlich in diesem Zusammenhang.

Welche Probleme ergeben sich aus Ihrer Sicht beim Thema Datenschutz?
Man muss sich mal vorstellen, dass es einem Unternehmen nicht erlaubt ist, einen Bewerber einfach zu googeln. Da gab es jüngst sogar ein Gerichtsurteil dazu. Diese Umkehrschuld nervt. Die jeweilige Person gibt die Daten ja freiwillig raus, dann ist sie auch selber schuld. An sich ist das mit dem Datenschutz ziemlich kompliziert. Keiner kann das zu 100 Prozent einhalten und es bedeutet eine Einschränkung in der täglichen Arbeit, es muss praktikabler sein.

Was glauben Sie, welche Entwicklungen wird es beim Thema KI in der näheren Zukunft geben?
Dieses Jahr wird es meiner Meinung nach einen Riesenschub geben. Momentan gibt es ja hauptsächlich einzelne Assistenten, sogenannte Insellösungen. Die KIs werden lernen, miteinander zu sprechen. Durch diese Vernetzung können komplexere Abläufe durchgeführt werden. Das wird unter anderem zu einer Befreiung von Bürokratie führen und viele einfache Tätigkeiten ersetzen. Damit bleibt mehr Zeit für die Konzentration auf Wesentliches und wir können unsere Fachkräfte für sinnvollere Tätigkeiten einsetzen. Das bedeutet eine große Chance.

Was raten Sie anderen Handwerksunternehmen beim Thema KI?
Sie sollten keine Ausreden suchen, wie etwa den Datenschutz, sich mit gesundem Menschenverstand damit auseinandersetzen und dann einfach machen. Sonst kommt es im Zweifel zu Wissenslücken, die sich nicht mehr so leicht aufholen lassen. Es ist wichtig, sich mit KI zu beschäftigen. Wir planen mit der Hochschule Kempten gerade ein Projekt und sind dabei, den Förderantrag zu stellen. Wir wollen gemeinsam herausfinden, wo überall im Handwerk sich KI einsetzen lässt und Zeit gespart werden kann.

Die Handwerkskammer für Schwaben berät Betriebe zum Thema Digitalisierung und KI.

Sascha Schneider

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