EU-Klima-Paket mit Chancen und Risiken für das Handwerk
Mitte Juli hat die EU-Kommission das Paket „Fit for 55“ vorgestellt. Es bezieht sich auf das Ziel, dass die EU bis zum Jahr 2030 mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen soll als im Jahr 1990. Dazu schlägt die Kommission eine ganze Reihe von Maßnahmen vor. Allerdings decken sie sich nur begrenzt mit den Forderungen des Handwerks.
Marktwirtschaftlicher Ansatz und Anreize im Gebäude- und Verkehrssektor
Wie bereits in Deutschland eingeführt, sollen Heizöl und Erdgas sowie Diesel und Benzin mit einem CO2-Preis versehen werden. Dafür ist ab dem Jahr 2026 ein eigener Emissionshandel vorgesehen. Um Mehrkosten auszugleichen, plant die Kommission einen Klima-Sozialfonds. Damit sollen unter anderem Kleinstbetriebe entlastet sowie die Anschaffung neuer, energieeffizienter Heizungen und Fahrzeuge gefördert werden.
Das Handwerk hatte sich schon hinsichtlich der Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland für den Emissionshandel als marktwirtschaftliches Instrument eingesetzt. Das ist hierzulande nur teilweise gelungen. Denn die CO2-Preise werden in den ersten fünf Jahren politisch festgelegt und erst danach dem Markt überlassen. Die Kommission will dagegen von Anbeginn auf den Markt setzen. Zudem bieten Anreize für Investitionen in klimafreundliche Produkte neue Aufträge für das Handwerk. Mehrbelastungen durch höhere Energiekosten sollen zwar teilweise ausgeglichen werden. Ob dies jedoch ausreicht, ist fraglich. Hier muss ergänzend auf nationaler Ebene nach der Bundestagswahl die EEG-Umlage abgeschafft und die Stromsteuer auf den europarechtlich festgelegten Mindestsatz gesenkt werden.
Aus für den Verbrennungsmotor und Förderung der E-Mobilität
Neben der CO2-Bepreisung im Verkehrssektor plant die Kommission, dass ab dem Jahr 2035 die durchschnittlichen jährlichen Emissionen von Neufahrzeugen gegenüber diesem Jahr um 100 Prozent gesenkt werden müssen. Damit sollen faktisch ab 2035 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden können. Zudem ist an großen Verkehrsstraßen ein Netz an alternativen Lade- und Tanksäulen geplant – alle 60 Kilometer für E-Fahrzeuge und alle 150 Kilometer für wasserstoff-betriebene Fahrzeuge.
Zwar hätte die Autoindustrie noch 14 Jahre Zeit, alternative Antriebe mit einer angemessenen Reichweite und zu bezahlbaren Preisen zu entwickeln – auch für Transportfahrzeuge. Und das Handwerk könnte mit dem Ausbau der Lade- und Tankinfrastruktur auch hier von neuen Aufträgen profitieren und leichter Fahrzeuge mit alternativen Technologien betreiben. Allerdings widerspricht ein faktisches Verbot des Verbrennungsmotors und die Bevorzugung der E-Mobilität der selbst von der Kommission unterstützten Technologieoffenheit. Aus Sicht des Handwerks sollte der Markt über die Technologien der Zukunft entscheiden und nicht die Politik.
Verbesserungen in der Abstimmung mit Parlament und Rat nötig
Das Maßnahmenpaket ist zunächst ein Vorschlag der Kommission. Das Parlament und die Mitgliedsstaaten im Rat werden sich nun selbst positionieren. Danach starten die Verhandlungen zwischen den drei EU-Institutionen. Dabei muss es noch zu Verbesserungen für das Handwerk kommen. Beobachter rechnen mit einem Beschluss im Jahr 2023.